Abstract in English: The "Fernsehkrimi" is a thoroughly German genre. The authors present a new standard textbook on the topic, researching the history of crime tv, as it developed in the systems of East and West Germany, in public and commercial tv.
Wenn es in Deutschland ein Genre gibt, dann ist es der Fernsehkrimi. Aber warum gerade der Krimi? Was macht ihn so interessant für die Zuschauer? Wie spiegelt er die gesellschaftlichen, ökonomischen, politischen, technischen und kulturellen Bedingungen, in denen er entstanden ist? Und wie haben diese Bedingungen wieder den Fernsehkrimi verändert? Die Autorinnen legen hier ein neues Standardwerk zur deutschen Fernsehgeschichte vor, in der immer jeweils zwei große Fernsehsysteme nebeneinander existiert haben: zuerst Ost- und Westfernsehen, dann öffentlich-rechtliches und privates System. Die drei großen Kapitel des Buchs folgen dieser Unterscheidung: Sie behandeln erstens den Krimi im Staatsfernsehen der DDR (die Autorinnen sprechen vom Paradigma des Fernsehens als politisches Machtinstrument), zweitens den Krimi im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem bis 1984 (Paradigma des Fernsehens als Kulturgut), und drittens nach der Entstehung privat-kommerzieller Sender im Westen (Paradigma des Fernsehens als Ware) den Krimi im Dualen Rundfunksystem, in dem neben dem öffentlich-rechtlichen auch das private Fernsehen existiert. Dabei stehen diese drei Paradigmen nicht unverbunden nebeneinander, sondern beeinflussen sich wechselseitig und werden ineinander verwoben dargestellt. Das Ergebnis ist nicht nur interessant für Medienhistoriker, sondern auch für Neugierige und Fans, die z.B. wissen wollen, wie das nun genau war mit dem Fernsehkrimi in der DDR, oder die einfach mehr über ihre Lieblings-Krimiserie lesen wollen.
Grundlage ist die Arbeit eines DFG-Forschungsprojekts, das zw. 1995 und 1999 unter Leitung von Professor Reinhold Viehoff an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführt wurde. Seine wissenschaftliche Mitarbeiterinnen haben im Rahmen des Projekts ihre Dissertationen zum Thema verfasst und 1999 abgeschlossen: Ingrid Brück behandelte den Fernsehkrimi in der BRD, Andrea Guder in der DDR, Karin Wehn im Dualen Rundfunksystem. Das gemeinsame Buch präsentiert die Ergebnisse dieser drei Arbeiten. Empirische Grundlage ist die Sichtung einer großen Anzahl Quellen: Forschungsliteratur, Zeitungsberichte, Drehbücher, Treatments, Videos, Briefe und viele andere Dokumente, vor allem aus den Beständen des Deutschen Rundfunkarchivs, dazu neu durchgeführte Interviews mit etwa dreißig Autoren, Regisseuren und Dramaturgen, außerdem eine neu aufgebaute Fernsehkrimi-Datenbank und ein Video-Archiv mit mehreren tausend Titeln, die Studenten des Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaften reichlich Material für zukünftige Forschungsarbeiten zum deutschen Fernsehkrimi bieten dürfte.
Denn von vornherein klar ist, dass nun eine Vielzahl Weiterungen und Ergänzungen denkbar sind. Die Autorinnen konzentrieren sich sinnvollerweise aus Platz- und Zeitgründen auf die Geschichte des Fernsehkrimis deutscher Prägung im Primetime-Abendprogramm. Viele Themen, die nur am Rande erwähnt werden, böten Stoff für neue Forschungsprojekte, um nur zwei zu nennen: die Geschichte der Vorabend-Serien (GESTATTEN, MEIN NAME IST COX und PERCY STUART z.B. kommen im Buch nicht vor) und die Rezeption und der Einfluss anglo-amerikanischer Serien (ich glaube, es war Martin Compart, der einmal bemerkt hat: in Deutschland hätte wohl kaum einer DER KOMMISSAR geguckt, wenn auf dem anderen Kanal AUF DER FLUCHT oder SOLO FÜR UNCLE gelaufen wäre -- es wäre interessant herauszufinden, ob er damit Recht hat).
Wünschenswert wäre noch eine Präsentation der erstellten Fernsehkrimi-Datenbank im Internet, dort existiert aber nur eine rudimentäre Website (für Informationen über deutsche Krimiserien viel besser: die Krimi-Homepage von Georg P.). Zu bemängeln ist, dass viele der Quellen, auf die im Buch referiert wird, nicht im Literaturverzeichnis auftauchen. Ein Versäumnis, das sich auch sicherlich im Internet korrigieren ließe.
filmhistoriker.de,
edited by olaf brill.
Last update (this page): 21 Jul 2004.
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