Josef Hilger Raumpatrouille Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes ORION Erweiterte Neuausgabe Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf 2005 468 pages, German text ISBN 3896026267 |
Abstract in English: A voluminous, accurate and entertaining work on the famous German "cult" TV series RAUMPATROUILLE (Space Patrol), Josef Hilger's book, now out in an extended new edition, is a valuable reference book for research on German Science Fiction and TV of the 1960s.
Als wir in den 1970er Jahren im Fernsehen Wiederholungen der RAUMPATROUILLE sahen, hielten wir die gerade vergangenen 1960er Jahre für eine unglaublich coole Zeit, die schon unendlich weit zurücklag. Commander Cliff Allister McLane und seine Crew sorgten im Weltraum für Ordnung, und der Weltraum war schwarzweiß, nicht nur auf dem Bildschirm. Die Frogs waren böse, die Frauen spazierten in hochtoupierten Perücken umher, und die Männer kippten sich nach Feierabend im Starlight-Casino einen hinter die Binde. Die Geschichte spielte in einem Jahr 3000 voller futuristischer Requisiten, aber in einer autoritären Gesellschaftsordnung. Immerhin besetzten in dieser fernen Zukunft sogar Frauen hochrangige Positionen in Militär und Geheimdienst, vor allem Eva Pflug als Aufpasserin vom Galaktischen Sicherheitsdienst Tamara Jagellovsk und die rattenscharfe Charlotte Kerr als McLanes Vorgesetzte General Lydia van Dyke. Dennoch fiel Commander McLane aus allen Wolken, als er in der Episode DER KAMPF UM DIE SONNE erfuhr, dass auf dem Planeten Chroma die Frauen das Sagen hatten. Ich glaube, es war der Science-Fiction-Autor Ronald M. Hahn, der in der Besprechung eines RAUMPATROUILLE-Buchs schrieb, man müsse nicht erklären, dass die Serie nicht reaktionär wäre, sondern warum sie trotzdem knorke sei.
Später, in den 1980ern, als die RAUMPATROUILLE von den Programmkinos wiederentdeckt wurde, erblickten wir plötzlich, worüber wir zuvor gnädig hinweggesehen hatten: dass in den Kulissen des Raumschiffs ORION deutlich zu erkennen z.B. Badezimmerarmaturen und Bügeleisen angebracht waren; Alltagsgegenstände, von denen die Erbauer wohl gedacht hatten, dass sie in dem ungewohnten Zusammenhang futuristisch wirkten. Nun fanden wir dies witzig und erklärten RAUMPATROUILLE zum Kult. Die Serie hatte inzwischen den antiquierten Charme einer Zukunftsvision aus der Vergangenheit, und ganz nebenbei immer noch ihre eigenen Qualitäten: die markanten Designs des späteren Oscar-Preisträgers Rolf Zehetbauer etwa, oder die aufregende Musik von Peter Thomas. Aber auch die nonchalante, ganz unmilitärische Haltung, mit der Dietmar Schönherr und seine Kollegen die Hauptfiguren zum Leben erweckten.
Mit der Akribie des Fans hat Josef Hilger, Jahrgang 1957, in über drei Jahrzehnten alles zur RAUMPATROUILLE zusammengetragen, was er dazu finden konnte. Mit der Präzision des Wissenschaftlers hat er die Ergebnisse seiner Arbeit dokumentiert, Lücken in seinem Wissen recherchiert und ist jetzt im Besitz der größten RAUMPATROUILLE-Sammlung der Welt, die er liebevoll das "Orionmuseum" nennt. Zu unserem Glück hat er sich entschlossen, diese Sammlung mit uns zu teilen und nach jahrelanger Vorarbeit bereits 2000 die erste Auflage des RAUMPATROUILLE-Buchs herausgegeben, dessen erweiterte Neuausgabe jetzt vorliegt.
Die Neuauflage ist nicht nur eine Weiterschreibung der Geschichte der Serie, die z.B. 2003 ihren RÜCKSTURZ INS KINO erlebte. Sie enthält auch zahlreiche wertvolle Erweiterungen des alten Textes. So hat Hilger neue Interviews und Informationen eingearbeitet. Es gibt neue Abschnitte z.B. über die französische Version COMMANDO SPATIAL, für die wie in Zeiten der Mehrsprachenversionen der 1930er Jahre Szenen mit z.T. anderen Darstellern gedreht wurden (S. 292-97), oder über wissenschaftliche und filmhistorische Arbeiten zur Serie (S. 338-51). Ein besonderer Bonus ist der vollständige Wiederabdruck der dreizehn RAUMPATROUILLE-Kurzgeschichten von Rolf Honold, die 1968 und 1975 in den Zeitschriften Praline und Freitag erschienen sind (S. 107-59). In der Erstauflage waren nur kurze Inhaltsangaben dieser frühesten "Fortsetzungen" der RAUMPATROUILLE abgedruckt worden. Auch der Anhang ist erheblich erweitert worden, z.B. um Faksimiles von Bavaria-Pressetexten aus den Jahren 1965-76, eine Übersicht der Presseveröffentlichungen aus den Jahren 1965-66, eine Aufschlüsselung der in der Serie verwendeten militärischen Rangabzeichen und eine Trickübersicht. Die Seitenzahl ist von 252 auf 468 gewachsen, allerdings auch das Format geändert worden, sodass z.B. zahlreiche Bilder neu montiert werden mussten und dadurch in der Erstauflage deutlich größer wiedergegeben bzw. anders beschnitten waren. Auch sind die Fotos in der alten Auflage etwas heller und besser gedruckt. Insgesamt bietet aber die neue Auflage über 100 neue Abbildungen, inklusive 25 neuer Farbfotos.
Hilgers umfangreiche, genaue und unterhaltsame Arbeit ist ein wertvolles Nachschlagewerk zu dieser Serie und für Forschungen zur deutschen Science Fiction und dem Fernsehen der 1960er Jahre ganz unverzichtbar.
filmhistoriker.de,
edited by olaf brill.
Last update (this page): 02 Jun 2005.
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