Abstract in English: DVD of the year! Fritz Lang's classic in the latest
reconstruction by Martin Koerber's Berlinale 2001 team. Large-scale restoration,
brilliantly done, including Gottfried Huppertz' original score, optionally with
audio commentary by film historian Enno Patalas. The second disc contains a
documentary by Patalas and a featurette about the reconstruction by Koerber.
Eureka Video, London is the first company to release this "must have"
item, with releases in America and Germany to follow.
Die DVD des Jahres! Endlich ist sie erschienen: die ultimative Fassung von METROPOLIS,
dem vermutlich meistgesehenen deutschen Film, oft veröffentlicht, aber
eben oft auch in verstümmelten, verkürzten, unscharfen oder sonstwie
veränderten Versionen. Diese neue Veröffentlichung auf DVD präsentiert
den Film so komplett wie möglich, in gestochen scharfer Bildqualität,
und einer fantastischen neuen Rekonstruktion, die gerade mal zwei Jahre alt
ist und wohl so bald durch keine bessere ersetzt werden wird: die Bearbeitung,
die Martin Koerber und sein Team zur Fritz-Lang-Retrospektive der Berlinale
2001 angefertigt haben. Dort wurde sie in einer feierlichen Premiere mit großem
Orchester aufgeführt, jedoch mit kleinen Schönheitsfehlern: Die Rekonstruktion
war noch nicht ganz fertig, und die neu komponierte Filmmusik von Bernd Schultheis
(die auch bei der Arte-Fernsehausstrahlung im letzten Jahr eingesetzt wurde)
war gelinde gesagt nicht jedermanns Sache. Zur DVD-Veröffentlichung, so
wurde versprochen, würde die Rekonstruktion abgeschlossen sein, und es
würde die brillante Originalmusik von Gottfried Huppertz eingespielt werden,
die zur Berlinale 2001 nicht zur Verfügung stand. Die neue Fassung (inklusive
Huppertz-Musik) liegt inzwischen in einer Verleihkopie fürs Kino vor, und
jetzt auf DVD.
Die erste Disc enthält den Film, der besser wohl nur aussah bei seiner
nur wenige Monate laufenden Erstaufführung von Januar bis Mai 1927 in Berlin.
Damals gab es drei Original-Kameranegative, von denen verschiedene Fassungen
zusammengeschnitten wurden. Eine, die so genannte Paramount-Fassung, ist im
Original erhalten, die anderen, Ufa-Fassungen, nur in Kopien, allesamt unvollständig.
Koerbers Team griff im Gegensatz zu anderen Rekonstruktionen hauptsächlich
auf Material aus der Paramount-Fassung zurück, nicht nur weil dies eine
fotografisch bessere Qualität versprach als die Ufa-Fassungen, sondern
auch, weil man inzwischen annimmt, dass das Ufa-Negativ, von dem die vollständigste
Kopie erhalten ist, nicht Material erster Wahl enthielt, sondern nur Ersatz
war für das inzwischen verschlissene andere Ufa-Negativ mit besserem Material
(siehe Koerbers Notizen zur Überlieferung des Films Metropolis in
Jacobsen, Sudendorf (Hg.): Metropolis,
Ein filmisches Laboratorium der modernen Architektur, S. 216). METROPOLIS
ist ein Film, von dem über ein Viertel des Materials der Premierenfassung
wohl unwiderruflich zerstört ist. Jedoch wissen wir aus unterschiedlichen
Quellen eine Menge darüber, wie der Film ursprünglich ausgesehen hat.
So wurden einige fehlende Passagen in durch den Schrifttyp erkennbaren Zwischentiteln
beschrieben. Kürzere fehlende Stücke, deren Kenntnis für das
Verständnis des Geschehens nicht wichtig ist, wurden durch kleine Stücke
Schwarzfilm markiert. Die englischen Zwischentitel auf der DVD erscheinen --
genauso sorgfältig rekonstruiert wie in der deutschen Rekonstruktion --
in der originalen grafischen Gestalt der Premierenfassung: eine Rarität
bei fremdsprachigen Fassungen, die das Ansehen zum Vergnügen macht. Die
Huppertz-Partitur wurde eingespielt vom Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken,
dirigiert von Berndt Heller, präsentiert in Dolby Digital Stereo und Dolby
Digital 5.1. Auf einer weiteren Tonspur steht zur Auswahl ein Audio-Kommentar
von Enno Patalas, der sich wie kein Zweiter um die Rekonstruktion METROPOLIS'
verdient gemacht hat. Die vorliegende neue Rekonstruktion basiert auf seiner
Vorarbeit und seinen für das Münchner Filmmuseum angefertigten vorherigen
Rekonstruktionen. Der Audio-Kommentar basiert auf seinem Buch Metropolis
in / aus Trümmern, inklusive der Anmerkungen zur Musik von Rainer
Fabich. In dieser Fassung wird er von einem englischen Sprecher gelesen (David
Cooke), "leider erschwert eine wacklige Übersetzung das Verständnis
bestimmter Passagen", kommentierte ein britischer Rezensent. In der deutschen
Fassung wird der Text wohl, so wie allgemein üblich, vom Autor gelesen
werden.
Die zweite Disc enthält diverse Extras, von denen das Highlight die 44minütige
Dokumentation The Metropolis Case von Patalas ist, ein wunderschöner
Kurzfilm über die Entstehung, Verbreitung und auch Verstückelung und
Bearbeitung von METROPOLIS. So enthält die Dokumentation Ausschnitte
aus Channing Pollocks berüchtigter Version für den amerikanischen
Markt, in der Joh Fredersen John Masterman heißt und Rotwang nicht sein
Rivale ist, sondern sein Assistent, den er beauftragt, Roboter zu schaffen,
die die Arbeiter der Stadt ersetzen sollen. Weitere Ausschnitte gibt es aus
vielen zeitgenössischen Filmen, z.B. HILDE WARREN UND DER TOD (1917),
DIE PUPPE (1919), DAS CABINET DES DR. CALIGARI (1920), VON MORGENS BIS MITTERNACHT (1920), SPIONE (1928) und FRAU IM MOND
(1929), und aus Interviews mit Fritz Lang und Eugen Schüfftan. Hier hätten
wir uns gewünscht -- den Platz ausnutzend, den eine DVD bietet -- das eine
oder andere Interview aus den Schatzkammern der Filmarchive einmal in voller
Länge präsentiert zu bekommen. Auch die vorherigen Special Editions
von DER BLAUE ENGEL und M haben diese Möglichkeit nicht ausgenutzt.
In einem zweiten, wesentlich kürzeren Film (etwa neun Minuten) gibt Martin
Koerber einige Kommentare zur neuen Rekonstruktion, illustriert mit praktischen
Beispielen. (Einen weiteren Einblick in die digitale Rekonstruktion bietet die
Website der damit beauftragten Firma Alpha-Omega
aus München.) Außerdem auf der zweiten Disc: Umfangreiche Bildergallerien,
Biografien und Stabsangaben.
Eine DVD müsste man machen, hatte Patalas in Metropolis in / aus Trümmern
geschrieben, "(n)icht, wie üblich, eine Fassung mit "Extras",
"Bonusmaterial", sondern auf den verschiedenen Spuren, kombiniert,
koordiniert, Einstellungen und Zwischentitel, Einstellungs- und Szenenfolgen
in ihren Varianten; eine Aufzeichnung der Huppertz-Musik (oder mehrere, kleine,
große Besetzung); die Stand- und Arbeitsfotos; Drehbuch, Partitur, Zensurkarten
zum Mitlesen -- dem Betrachter anheimgegeben zur eigenen Montage." (S.
12) Diese interaktive DVD, die es dem Benutzer ermöglicht, den Film und
seine verschiedenen Varianten zu erforschen, ist das vorliegende Produkt nicht
geworden. Aber eines ist es mit Sicherheit: die perfekte Präsentation der
bisher besten Rekonstruktion dieses bedeutenden Films. Wer METROPOLIS
zu Hause zur Verfügung haben will, kann auf diese neue DVD nicht verzichten
(denn Patalas' Traum-DVD wird wahrscheinlich in den nächsten zwanzig Jahren
nicht erscheinen). Peinlich: Die DVD ist zuerst im Ausland erschienen. Eureka
Video, London hat mit der Erstveröffentlichung in Europa einen großen
Wurf gemacht, die Firma, die bereits 1999 eine schön aufgemachte METROPOLIS-DVD
veröffentlicht, deren Hauptattraktion, den Film, aber in einer miserablen
Qualität dargeboten hatte. Die Neuveröffentlichung entschädigt
für die damalige Enttäuschung, und die alte Fassung wird jetzt hoffentlich
aus dem Verkehr gezogen! Eine Veröffentlichung der Special Edition in Amerika
ist angekündigt für den 18.02.2003, in Deutschland erst für den
07.04.2003.
Zusatz: Inzwischen ist sowohl die deutsche DVD erschienen, mit sehr viel mehr Sprachversionen als die englische Fassung, als auch in einem von Patalas geleiteten Projekt der Universität der Künste, Berlin, die DVD-Studienfassung.
filmhistoriker.de,
edited by olaf brill.
Last update (this page): 20 Feb 2006.
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